BGH: Digitaler Nachlass – Erben haben Zugang zu Facebook-Konto


Urteil: Erben haben Zugang zu Facebook-Konto eines Verstorbenen

BGH, Urteil vom 12.07.2018, III ZR 183/17

Dies geht aus der Entscheidung des BGH vom 12.07.2018, Az. III ZR 183/17 hervor.

 

Sachverhalt

Eltern eines toten Mädchens hatten gegen Facebook auf Zugang zum Facebook-Konto ihrer Tochter geklagt. Das Mädchen war im Jahr 2015 nach einem U-Bahn Unfall verstorben. Wie genau es zu diesem Unfall gekommen ist, konnte nie aufgeklärt werden. Bekannt ist nur, dass das Mädchen von einem einfahrenden Zug erfasst und tödlich verletzt worden war. Seitdem suchen die Eltern nach Hinweisen, die Aufschluss zum Tod ihrer Tochter geben. Sie möchten nun Zugang zum Facebook-Konto ihrer Tochter erlangen. Dieser Zugang und die damit verbundene Möglichkeit in  Nachrichten und Posts einen Einblick zu bekommen, soll Aufschluss über einen möglichen Suizid der Tochter geben. Dies ist aber zudem auch deshalb von Bedeutung, weil der U-Bahn Fahrer gegen die Eltern ein Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen Verdienstausfalls geltend gemacht hatte. Er behauptet außerdem, die Tochter habe Suizid begangen. Obwohl die Eltern das Passwort für den Facebook-Account ihrer Tochter hatten, verweigerte Facebook Ihnen den Zugriff. Das Profil ihrer Tochter befand sich bereits im sogenannten Gedenkzustand, ein spezieller Status für Verstorbene. Dies hatte Facebook nach dem Hinweis durch einen anderen Facebook-Nutzer über den Tod des Mädchens bereits veranlasst. Das bedeutet, dass der Account des Mädchens weiterhin für andere einsehbar ist, eine Anmeldung mit diesem Account aber nicht mehr möglich ist.

 

Vorinstanzen haben unterschiedlich entschieden

Das Landgericht hatte der Klage der Eltern stattgegeben, Urteil vom 17.12.2015, Az. 20 O 172/15. Dagegen legte Facebook Berufung ein, daraufhin änderte das Kammgericht das erstinstanzliche Urteil ab, die Klage wurde abgewiesen, Urteil vom 31.05.2017, Az. 21 U 9/16.

 

Urteil des BGH hat Bedeutung für Millionen Menschen

Jahrelang wurde die Frage diskutiert, ob ein Facebook-Account nach erbrechtlichen Vorschriften des BGB als Teil des Nachlasses zu behandeln ist und somit die Inhalte von Chatverläufe mit Briefen gleichzusetzen sind. Briefe und Tagebücher gehören nämlich zum Nachlass eines Verstorbenen. Bislang gab es aber keine Regelung darüber, ob dies auch für digitale Kommunikation gilt. Das Urteil des BGH schafft nun endlich Klarheit über die seit Jahren ungeklärte Frage über den digitalen Nachlass. Der Grundsatz des §1922 I BGB besagt, dass mit dem Tod einer Person (Erbfall), deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere Personen (Erben) übergeht. Das bedeutet, dass mit dem Tod, alles im Eigentum des Verstobenen, auf die Erben übergeht. Darunter fallen auch Briefe des Verstorbenen. Laut BGH macht es keinen Unterschied, ob es sich um tatsächlich handschriftlich verfasste Briefe, oder in einem Internetportal verfasste Nachrichten handelt. Der digitale Nachlass sei genauso zu behandeln, wie der analoge.

 

Datenschutz-Grundverordnung steht dem Zugang nicht entgegen

Der Senat des BGH hatte die seit dem 25.05.2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung anzuwenden. Diese würde dem Zugang durch die Erben aber nicht entgegenstehen. Die DSGVO schützt nur lebende Personen. Betroffen könnten also ausschließlich die Kommunikationspartner der Tochter sein. Die Übermittlung und Verwendung derer Daten sei aber nach Art. 6 I b Ver. 1 DSGVO und Art. 6 I f DSGVO zulässig.

 

Autorin: Anna Lena Müller

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